Vom McDonald’s-Lohn bis zur sexuellen Belästigung im Hotel

Im „Schulterschluss International“ die Probleme anpacken

Leipzig, 9. November 2018

Mehr Standortschließungen, Verkäufe von Unternehmensteilen, Fusionen und Übernahmen: „Multinationale Konzerne – wie Nestlé, Unilever, Coca-Cola, Mondelez & Co. – verändern die Wirtschaftsstrukturen. Sie nehmen Einfluss auf Politik, Sozialmodelle und Beschäftigung. Sie versuchen, Tarifstandards zu unterlaufen sowie Standorte und Beschäftigte europa- und weltweit gegeneinander auszuspielen“, sagte der neue Vorsitzende der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), Guido Zeitler. Um dem etwas entgegenzusetzen, hat die NGG auf ihrem Gewerkschaftstag in Leipzig am Freitag eine internationale Offensive gegen den Abbau von Sozialstandards und Arbeitnehmerrechten gestartet. Die Delegierten verabschiedeten einen Antrag, der das Ziel verfolgt, die internationale Zusammenarbeit von Gewerkschaften voranzubringen.

„Die internationale Gewerkschaftsarbeit muss stärker werden“, sagte Zeitler. Er kündigte an, dass sich die NGG stärker aktiv an internationalen Kampagnen der IUL (Internationale Union der Lebensmittel-, Landwirtschafts-, Hotel-, Restaurant-, Café- und Genussmittelarbeiter-Gewerkschaften) und der EFFAT (Europäischer Verband der Landwirtschafts-, Lebensmittel- und Tourismusgewerkschaften) beteiligen werde. Die NGG sprach sich auf ihrem Gewerkschaftstag für die Schaffung von Welt-Betriebsräten in großen internationalen Konzernen aus. Darüber hinaus sei es notwendig, eine internationale Arbeitszeitdebatte zu starten und internationale Mindeststandards sowie Mitbestimmungsrechte zu definieren.

In einer internationalen Diskussionsrunde machte IUL-Generalsekretärin Sue Longley deutlich, dass weltweite Konzentrationen im Handel und eine neue Dominanz von Unternehmen neue Herausforderungen für die internationale Gewerkschaftsarbeit seien. Ein über die Kontinente hinweg bestehendes Problem sei beispielsweise auch die sexuelle Belästigung und Nötigung von Frauen und Männern im Hotelbereich. Hier müssten die Gewerkschaften weltweit aktiv werden und sich lokal für ein Null-Toleranz-Prinzip stark machen.

Aus dem Norden kommt ein Rezept für das „soziale Labeln“: Der Generalsekretär der skandinavischen Hotel-Gewerkschaft, Kristian Bragasson, appellierte an die rund 300 Delegierten und Gäste der NGG in Leipzig, mit Verbänden, Institutionen, Organisationen und Parteien zu kooperieren und diese dafür zu gewinnen, künftig nur Hotels und Kongresszentren zu nutzen, die auch Tariflohn zahlten.

Eine klare Warnung vor wachsendem Rechtspopulismus kam aus dem europäischen Süden: Pietro Ruffolo vom italienischen EFFAT-Ableger FLAI übte heftige Kritik an der italienischen Regierung. Innenminister Matteo Salvini säe „Hass gegen Migranten“. Dessen Rechtspopulismus habe längst faschistische Züge angenommen. Auch das habe dazu beigetragen, dass Migranten – insbesondere aus Rumänien – heute in der italienischen Landwirtschaft mit einem Tageslohn von 20 Euro ausgebeutet würden. EFFAT-Generalsekretär Harald Wiedenhofer erinnerte in diesem Zusammenhang an die „Zustände in der deutschen Fleischindustrie“, in der viele Osteuropäer mit Werkverträgen beschäftig sind: „Auch dort ist es ein Skandal, wie die Arbeitsbedingungen aussehen.“ Mit Blick auf die sich ausbreitenden nationalistischen und rechtspopulistischen Kräfte sagte Ruffolo: „Wir müssen uns auf einen aktiven Widerstand vorbereiten – gegen Ausbeutung und Faschismus wehren und auf die Straße gehen.“

Aus den USA kam der Impuls, es mit den Großen der Fastfood-Branche aufzunehmen. Nicholas Allen von der US-Gewerkschaft SEIU berichtete über einen Fastfood-Streik, bei dem Beschäftigte eine Lohn-Verdopplung von 7,45 Dollar auf 15 Dollar gefordert haben. Es sei gelungen, dabei die Politik rasch ins Boot zu holen und Erfolge zu erzielen. „Um es mit großen Unternehmen – allen voran mit McDonald’s – aufzunehmen, sei es allerdings notwendig, „die Unterstützung von Arbeitnehmern überall auf der Welt zu bekommen“. Und genau das steht seit Freitag auf der To-do-Liste der NGG: „Der internationale Schulterschluss ist das Stichwort“, sagte NGG-Chef Guido Zeitler auf dem Gewerkschaftstag, der am Freitag nach fünf Tagen zu Ende ging.

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