Dr. Becker Klinikgruppe kündigt Vertrag mit Medirest

Der Konflikt zwischen Medirest/Dr. Becker Klinik und dem Medirest-Betriebsrat hat eine überraschende Wendung genommen. Der Belegschaft wurde in der vergangenen Woche durch die Dr. Becker Klinikgruppe mitgeteilt, dass der Vertrag mit Medirest gekündigt wurde.

Zum 01.10.2019 wird es einen Betriebsübergang geben. Die Dr. Becker Klinkgruppe wird über eine Tochtergesellschaft die Küche usw. zukünftig selber betreiben. Alle Beschäftigten werden dann automatisch von der Klinik als Mitarbeiterinnen übernommen. Auch die von einer Kündigung bedrohten Kollegin aus dem Betriebsrat.

Nachfolgend haben wir die zur Zeit wichtigsten Informationen für die betroffenen Beschäftigten zusammen gefasst.

Was bedeutet Betriebsübergang?

Von einem Betriebsübergang spricht man, wenn ein Betrieb oder ein Betriebsteil vom bisherigen Inhaber (z.B. Medirest) auf einen anderen Inhaber übertragen wird (z.B. Dr. Becker Klinik). Eine solche Übertragung berührt in der Regel immer auch die Arbeitsverhältnisse der Beschäftigten im betroffenen Betrieb, denn es findet kraft Gesetz ein Arbeitgeberwechsel statt.

Unterrichtungspflicht des Arbeitgebers

Medirest oder der neue Inhaber muss die betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang schriftlich mindestens über folgende Punkte unterrichten: 

  • den Zeitpunkt oder den geplanten Zeitpunkt des Übergangs,
  • den Grund des Übergangs,
  • die rechtlichen, wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Übergangs für die Arbeitnehmer, 
  • die hinsichtlich der Arbeitnehmer in Aussicht genommenen Maßnahmen.

Widerspruchsrecht

Da die betroffenen Arbeitnehmer nicht einfach zu einer Übertragung ihres Arbeitsvertrages gezwungen werden können, haben sie ein individuelles Widerspruchsrecht. Das können sie in der Regel innerhalb eines Monats nach ordnungsgemäßer Unterrichtung über den Inhaberwechsel geltend machen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und entweder gegenüber dem bisherigen oder neuen Arbeitgeber erklärt werden.

Widerspricht der Arbeitnehmer dem Übergang, bleibt das Arbeitsverhältnis mit Medirest erhalten. Allerdings können infolge des Betriebsübergangs die bisherigen Beschäftigungsmöglichkeiten entfallen. In diesem Fall besteht die akute Gefahr einer betriebsbedingten Kündigung, nämlich dann, wenn sich Medirest darauf beruft, dass es keine adäquate Beschäftigungsmöglichkeit für den Betreffenden mehr gäbe. Möglich wäre auch eine Änderungskündigung, bzw. Versetzung an einen anderen Medirest-Standort.

Auch wenn es für den Einzelnen gute Gründe gäbe, den Arbeitgeberwechsel zu vermeiden, bedarf ein Widerspruch unter formalen Gesichtspunkten keiner inhaltlichen Begründung. In jedem Fall sollte man allerdings wegen der damit verbundenen Risiken, die Ausübung des Widerspruchsrechtes gründlich durchdenken und sich vorher ggf. mit dem Betriebsrat und/oder der NGG beraten. Denn ein einmal eingelegter Widerspruch kann nicht mehr zurück genommen werden.

Arbeitnehmerrechte

Die Übertragung der Arbeitnehmer-Rechte beim Betriebsübergang ist im § 613a BGB geregelt. Dabei gilt der Grundsatz, dass der neue Inhaber in alle vertraglichen Rechte und Pflichten aus den Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnisses eintritt. Kündigungen wegen des Betriebsübergangs sind unwirksam. Der neue Arbeitgeber muss alle Beschäftigten aus dem übernommenen Betrieb weiter beschäftigen. Die Möglichkeit einer Kündigung aus anderen Gründen bleibt davon aber unberührt.

Persönliche Rechte

Arbeitsvertrag, Urlaubsansprüche, Arbeitszeitguthaben usw. gehen unverändert in die neue Firma über. Der neue Arbeitgeber kann keine Änderung der Arbeitsverträge verlangen. Er kann jedoch versuchen, den Arbeitsvertrag einvernehmlich zu ändern. Hierzu ist das Einverständnis des Arbeitnehmers Voraussetzung. Auch kann er versuchen eine Änderung (Verschlechterung) durch eine Änderungskündigung zu erzwingen. Dies würde dann zu einem Kündigungsschutzprozess führen. Grundsätzlich wird daher in den meisten Fällen davon abgeraten einen neuen Arbeitsvertrag mit dem Erwerber abzuschließen.

Was passiert mit den Tarifverträgen?

Bei einem Betriebsübergang sind mehrere Konstellationen denkbar und zu unterscheiden. Diese sind hier nicht umfassend und vollständig darstellbar. Dabei kommt es vor allem darauf an, ob der Erwerber seinerseits tarifgebunden ist und ob der bei ihm geltenden Tarifvertrag mit derselben Gewerkschaft abgeschlossen wurde.

Aktuell gehen wir davon aus, dass die Tochtergesellschaft der Dr. Becker Klinikgruppe an keine Tarifverträge gebunden sein wird. In diesem Fall würde folgendes gelten:

Alle bestehenden Regelungen aus den geltenden Tarifverträgen für das Hotel– und Gaststättengewerbe Niedersachsen gehen in den persönlichen Arbeitsvertrag über (Transformation). Sie gelten damit weiter, wie zum Zeitpunkt des Betriebsüberganges.

Wichtige Voraussetzung ist jedoch eine beidseitige Tarifbindung. In der Regel muss hierzu spätestens vor dem Betriebsübergang eine Mitgliedschaft in der Gewerkschaft NGG bestehen (§ 3 Abs. 1 TVG).

Was gilt für Betriebsvereinbarungen?

Hier verhält es sich ähnlich wie oben beim Tarifvertrag beschrieben:

  • Gilt im neuen Betrieb die gleiche Regelung, ändert sich nichts. 
  • Gilt eine andere Betriebsvereinbarung zu dem jeweiligen Inhalt, dann verdrängt diese die bisherige Betriebsvereinbarung.
  • Gilt in dem neuen Betrieb keine entsprechende Betriebsvereinbarung, nehmen die Beschäftigten die bisherige Regelung als ihr persönliches Recht mit, und zwar unbefristet und zusätzlich ein Jahr lang besonders geschützt.

Die drei wichtigsten Tipps:

  1. Bitte nicht unüberlegt einen Widerspruch gegen den Betriebsübergang einlegen.

  2. Von der Unterschrift unter einem neuen Arbeitsvertrag oder einem Änderungsvertrag raten wir ab.

  3. Alle Beschäftigten sollten jetzt Mitglied in der Gewerkschaft NGG werden. Damit sichert man sich die Rechte aus den aktuellen Tarifverträge für die Zukunft als Teil seines Arbeitsvertrages.

Hier kannst du unsere Information zum Betriebsübergang downloaden und ausdrucken.

Du arbeitest bei Medirest? Hier kannst du online Gewerkschaftsmitglied werden. Denn nur wenn wir auch in der Zukunft weiterhin viele Mitglieder haben, werden wir in der Lage sein uns für gute Arbeitsbedingungen einzusetzen.

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