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„Ausgeliefert“: Streik bei Lieferando in Berlin

Beschäftigte protestieren am 23.Oktober gegen eine unsoziale Firmenpolitik, die sie durch digitale Tagelöhner ersetzen will

Berlin, 14. Oktober 2025

Am Donnerstag, dem 23. Oktober wird in Berlin beim Essenlieferdienst Lieferando (Takeaway Express B.V. & Co. KG) gestreikt. Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) ruft die insgesamt etwa 1.900 Essenskuriere und Support-Mitarbeiter auf, die Arbeit niederzulegen. Das Ziel: Ein Zeichen setzen für gute Löhne und sichere Jobs und gegen die unsoziale Politik der Unternehmenszentrale. Diese will bundesweit etwa 2.000 Jobs auslagern. Beschäftigte drohen in die Scheinselbständigkeit abgeschoben zu werden oder sich als Angestellte von Subunternehmen wiederzufinden, sogenannte Schattenflotten, die inzwischen für ihre illegalen Praktiken berüchtigt sind. Mit dem Streik will die Gewerkschaft als Gegenmodell gegen diese Unternehmenspolitik einen Tarifvertrag durchsetzen.

„Wenn in diesen Tagen bei Lieferando von ‚ausgeliefert‘ gesprochen wird, sind damit nicht Essensbestellungen gemeint, sondern die Beschäftigten. Es findet gerade eiskalter Klick-Kapitalismus statt. Die moderne Arbeitswelt der Startups ist nichts anderes als Tagelöhnertum per App. Außen Hightech, innen Frühkapitalismus wie im 19. Jahrhundert“, sagt Veit Groß von der NGG Berlin. Der Gewerkschafter weiter: „die ersten Opfer sind überwiegend migrantisch Beschäftigte, die sich in einer rechtlich schwachen Position befinden. Aber wir sollten uns nichts vormachen: In solchen Laboren testen die Unternehmen, wie unser deutsches Arbeitsrecht mit digitalen Tricksereien zur Makulatur gemacht werden kann. Das geht alle an“. 

Zeitgleich zum Streik findet in Berlin die 6. Verhandlungsrunde zu einem Interessenausgleich und Sozialplan statt. Mark Baumeister, Referatsleiter Gastgewerbe bei der Gewerkschaft NGG, der die Verhandlungen begleitet, hierzu: „Jetzt sind bundesweit 2.000 Arbeitsplätze in Gefahr. Aber was kommt dann? Bisher verweigert das Unternehmen eine Zukunftssicherung und auch einen Sozialtarifvertrag. Der Streik unterstützt unsere Verhandlung.“

Die Gewerkschaft fordert von der Politik die EU-Plattformrichtline mit einem Festanstellungsgebot schnell umzusetzen, um solchen Praktiken ein Riegel vorzuschieben und die Beschäftigten zu schützen. Groß erklärt: „Nur mit einem Direkteinstellungsgebot können Kontrollbehörden, Betriebsräte und Gewerkschaften ihrer Arbeit als Immunsystem unserer Rechtsordnung nachkommen. In einem Sumpf von Subunternehmen funktioniert das nicht. Das haben wir in der Fleischbranche gesehen und dort wurde auch entsprechend durchgegriffen“.

Hintergrund:

Die Lebensmittelgewerkschaft NGG kämpft seit Jahren für einen bundesweiten Tarifvertrag bei Lieferando, unter anderem für einen Einstiegslohn von 15 Euro. Das Unternehmen ist in den letzten Monaten dazu übergegangen tausende Jobs auszulagern, ganze Standorte zu schließen und die Aufträge an Subfirmen zu vergeben. Die Aufträge und Touren gehen an eine Schattenflotte von lokalen Dienstleistern wie Fleetlery. Bei diesen arbeiten die Beschäftigten oftmals in einer rechtlichen Grauzone. Auffällig stark betroffen von den Maßnahmen sind Standorte, an denen es für die Lieferdienstbranche einzigartig Betriebsräte gibt.

Die NGG kritisiert die ungeregelten Verhältnisse der investorengetriebenen Plattform-Ökonomie, in der Beschäftigte die Unternehmen nur als App kennen und es kaum soziale Rechte und Standards gibt.  Der Lieferando-Mutterkonzern wurde Anfang Oktober von dem internationalen Finanzinvestor Prosus übernommen. 

Informationen zum Streiktag am 23.Oktober:

Die Gewerkschaft NGG ruft die Fahrerinnen und Fahrer im Zeitraum von 23.Oktober ab 8:00 morgens bis 0:30 am 24.Oktober auf. An diesem Tag sind Zustellprobleme oder komplette Ausfälle bei Lieferando-Bestellungen zu erwarten.

Die Streikversammlung beginnt um 13 Uhr vor dem HUB/Fahrerstartpunkte (Rotherstr. 16, 10245 Berlin) nähe S-Warschauer Straße. Es wird einen Protestzug über die Oberbaumbrücke zur Unternehmenszentrale (Schlesische Str. 34) und zurück geben.

Ansprechpartner: 

Veit Groß, Gewerkschaftssekretär NGG Berlin, mobil: 0175 111 59 52 oder Mail: veit.gross@ngg.net 

Presse-Kontakt

NGG-Hauptverwaltung
Haubachstraße 76
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Telefon: 040/ 380 13 106
E-Mail: presse@ngg.net