Der Hauptvorstand der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat sich in seiner Juni-Sitzung vor dem Hintergrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage und der anhaltend hohen Inflation mit der Tarifpolitik in den NGG-Branchen befasst. Um angesichts der enorm gestiegenen Preise die Löhne der Beschäftigten zu stärken, gehen die zuständigen NGG-Tarifkommissionen zum Teil deutlich über die im Dezember 2021 beschlossene tarifpolitische Empfehlung hinaus.
Der NGG-Hauptvorstand begrüßt die Entwicklung ausdrücklich. Die zuständigen NGG-Tarifkommissionen in den Regionen und Landesbezirken haben seit jeher die Möglichkeit, von der Empfehlung des Hauptvorstandes abzuweichen, wenn sie dies für ihr jeweiliges Tarifgebiet als gerechtfertigt und durchsetzbar erachten. Es ist gut, wenn die Tarifkommissionen in der aktuellen Situation davon Gebrauch machen und mit höheren Forderungen in die Tarifverhandlungen gehen. Deshalb gibt es keinen Anlass, die tarifpolitische Empfehlung zu ändern.
Die ersten Abschlüsse der Tarifrunden 2022 sind nach Ansicht des NGG-Hauptvorstandes ermutigend. Dies gilt insbesondere für die Tatsache, dass sich die zuständigen Tarifkommissionen in der Ernährungsindustrie verstärkt auf kurze Laufzeiten von höchstens 12 Monaten konzentrieren. Auch im langjährigen tarifpolitischen Sorgenkind Gastgewerbe ist es gelungen, Einstiegsentgelte deutlich oberhalb von 12 Euro zu vereinbaren. Die erzielten Lohnsteigerungen setzen mit teilweise bis zu 30 Prozent in den Lohngruppen Maßstäbe für die weiteren Tarifverhandlungen.
Es gibt aus Sicht des Hauptvorstandes keinen Grund, von dieser Dynamik abzurücken: Weder die derzeit öffentlich viel besprochene Preis-Lohn-Spirale, noch mögliche Belastungen, die sich für die Unternehmen aus gestiegenen Energie- und Rohstoffpreisen ergeben, machen falsche Bescheidenheit nötig. Im Gegenteil.
Die derzeitigen Preissteigerungen bei Energie und einzelnen Agrarrohstoffen sind profit- und spekulationsgetrieben und eben gerade nicht durch eine erhöhte Nachfrage von Seiten der Arbeitnehmer*innen verstärkt. Die Unternehmensgewinne sind – trotz Corona und des fürchterlichen russischen Angriffskrieges – mehr als stabil. Gewinne für Inhaber und Aktionäre sind weiterhin auf hohem Niveau. Auch in der Ernährungsindustrie.
Alleine die Einkommen von Arbeitnehmer*innen werden durch die Inflation aufgefressen. In einzelnen Teilbranchen sind zudem gestiegene Unternehmensgewinne mit weniger Beschäftigten erwirtschaftet worden. Das heißt, die Produktivität ist trotz Krise gestiegen. All dies rechtfertigt deutliche Lohnerhöhungen.