Mindestlohn Fleisch - Eine Erfolgsgeschichte?

Werkvertragsbeschäftigte kennen oft ihre Rechte nicht. Die „Beratungsstelle für mobile Beschäftigte“ hilft.

Auf der Fleischkonferenz am 2. August 2017 in Hannover diskutierten Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam mit Beratern, die sich um die Arbeitsbedingungen migrantischer Arbeitnehmerinnen kümmern, über die Zustände in der Fleischwirtschaft. Vor drei Jahren wurde der Branchenmindestlohn eingeführt. Mindestlohn und Selbstverpflichtung der Branchengrößen hätten die Lage verbessert, auch wenn die Fleischwirtschaft immer noch ein miserables Image hat.

Jetzt gehe es aber darum, so Claus-Harald Güster, stellvertretender NGG-Vorsitzender, im September einen guten Tarifvertrag abzuschließen und eine stärkere Tarifbindung in der Branche zu schaffen. Denn die Löhne „sind immer noch am unteren Ende der ‚Nahrungskette‘“, so Güster, und Flächentarifverträge seien ebenfalls Mangelware. Vor allem osteuropäische Beschäftigte leiden unter den miserablen Bedingungen. In vielen Betrieben sind die Beschäftigten Arbeitnehmer zweiter Klasse: Weil sie mit Werkverträgen angestellt sind, gehören sie nicht zur Stammbelegschaft. Trotz günstiger Arbeitsmarktbedingungen und dem Rückgang der Arbeitslosigkeit in der Ernährungsindustrie, das referierte Dr. Henning Schridde von der Bundesagentur für Arbeit. Er wies aber auch darauf hin, dass seit der Einführung des Branchenmindestlohns und mit dem Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft mehr Menschen sozialversicherungspflichtig angestellt sind. Ulrich Wiora vom Hauptzollamt Hannover teilt seine Einschätzungen und begrüßte die neuen Rechtsgrundlagen. Das Arbeitnehmerentsendegesetz in Kombination mit guten Tarifverträgen helfe, um die Rechte der Beschäftigten besser durchzusetzen. Subunternehmerketten ließen sich so auch besser vom Hauptzollamt kontrollieren, auch wenn diese Strukturen den Zoll immer noch vor große Herausforderungen stellen. Ergänzt wurden diese Berichte von Beratern, die in der mobilen Beratung von migrantischen Arbeitnehmerinnen tätig sind. Posted Workers kennen ihre Rechte hierzulande viel zu wenig. Das liegt nicht nur an den Sprachbarrieren. Dominique John und sein Team vom Projekt „Faire Mobilität“ und die Vertreterinnen der „Beratungsstelle für mobile Beschäftigte“ füllten die vorher gehörten Zahlen mit Leben und veranschaulichten die miserablen Zustände.

Olaf Lies, Minister für Wirtschaft, Arbeit und Finanzen in Niedersachen, appellierte eindringlich an die Sozialpartner, ihre soziale Verantwortung ernst zu nehmen, und endlich bessere Bedingungen und Tarifverträge in dieser Branche zu schaffen. Er verwies darauf, dass auch heute schon viele Arbeitgeber keine Mitarbeiter mehr fänden, denn die Bedingungen seien hier besonders schlecht. Deswegen hoffe er, dass die Arbeitgeber diesen selbst gemachten Missstand nach und nach verbessern, ansonsten stünde ein ganzer und sehr wichtiger Wirtschaftszweig vor dem Aus. Dem konnte sich NGG-Vize Claus-Harald Güster nur anschließen: „Wir haben eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung für diejenigen, die zu uns kommen, um zu arbeiten. Sie brauchen Perspektiven, gute Arbeitsbedingungen und somit gute Tarifverträge – so wie wir alle.“