Betriebsräte diskutieren im Bundestag über Arbeitszeit Gesucht: Der Koch im Home-Office

Der stellvertretende NGG-Vorsitzende Freddy Adjan im Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl (DIE LINKE). Foto: Fraktion DIE LINKE

Überstunden, Arbeiten am Wochenende und von zuhause: Immer mehr Beschäftigte haben extreme Arbeitszeiten. Gewerkschaften und Betriebsräte stehen vor der Frage: Wie kann Flexibilität im Sinne der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aussehen? Darum ging es bei einer Betriebsräte-Konferenz der Bundestagsfraktion DIE LINKE am 23. November in Berlin – genau 100 Jahre nach Einführung des 8-Stunden-Tages in Deutschland.

Ginge es nach dem Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA), würde es den schon längst nicht mehr geben, warnte Freddy Adjan. Der stellvertretende NGG-Vorsitzende machte deutlich, was er von der notorischen DEHOGA-Forderung nach einer Aufweichung des Arbeitszeitgesetzes hält. „Ich muss mich hier erst einmal ganz aufrichtig bei allen Brautpaaren entschuldigen, die ihre Hochzeit wegen uns früher abbrechen mussten“, so Adjan bei der abschließenden Podiumsdiskussion. Gelächter bei den Betriebsräten. Denn sie alle kennen die tarifvertraglichen Ausnahmen beim Arbeitszeitgesetz. Ohne sie sei gerade der aktuelle Boom im Gastgewerbe unvorstellbar, betonte Adjan.

Es gehe beim Thema Arbeitszeiten um die Verteidigung des Erreichten, einerseits. Andererseits aber eben auch die Mitbestimmung des Kommenden. Darin waren sich Gastgeberin Susanne Ferschl (DIE LINKE), NGG-Mitglied, DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach und Linken-Chef Bernd Riexinger einig. Wie „Arbeitszeit-Souveränität“ aussehen kann, zeigte Freddy Adjan an einem Beispiel aus Bayern. „Schon vor Jahren haben wir in der bayerischen Milchwirtschaft ein Modell zur Flexibilisierung durchgesetzt, bei der Beschäftigte Mehrarbeit nur noch mit Freizeit ausgleichen konnten statt mit Geld.“ Am Anfang hätten sich viele beschwert, so Adjan. „Heute will es niemand mehr anders.“ Auch deshalb habe die NGG in Bayern die Arbeitszeit in der Milchindustrie wieder auf die Agenda gesetzt – und bei einer Umfrage 5.000 Antworten aus den Betrieben zurückbekommen. Das Motto: „Zeit ist unsere Währung.“

Nicht zu unterschätzen seien Versuche von Arbeitgeberverbänden, unter dem Schlagwort „Arbeiten 4.0“ Standards für Beschäftigte zu schleifen. „Aber was soll bitteschön ein Koch 4.0 sein? Jemand, der Home-Office macht und bei dem man sich das Essen zuhause abholt?“, fragte Adjan. Statt sich immer absurdere Beispiele auszudenken, sollten sich DEHOGA & Co. lieber um Fachkräfte und mehr Vollzeitstellen kümmern, so der NGG-Vize.

NGG-Pressemitteilung