
Beschäftigte machen sich Sorgen um die finanzielle Situation. Foto: Shutterstock_fizkes
„Progressionsvorbehalt“ und „Steuernachzahlung“: Viele Beschäftigte in Kurzarbeit machen diese Begriffe Sorgen. Die finanzielle Situation ist bereits extrem angespannt – droht jetzt auch noch eine fette Steuernachzahlung? Wir haben nachgerechnet, in den meisten Fällen lautet die Antwort: Nein. Es müssen meist keine Steuern nachgezahlt werden.
Aber: Im Fall einer gemeinsamen Steuererklärung von Ehepaaren kommt es darauf an, welche Steuerklassen gewählt wurden. Bei den Steuerklassen III und V – die häufig von Ehepaaren mit unterschiedlich hohen Einkommen gewählt werden – kann es zu Nachzahlungen kommen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Person mit der Steuerklasse III in Kurzarbeit war.
Bitte beachten: Es gibt Online-Rechner, mit denen der Progressionsvorbehalt errechnet werden können soll. Diese Online-Rechner sind oft verwirrend und wenig aussagekräftig. Um sie fehlerfrei nutzen zu können, müsste sowohl das zu versteuernde Einkommen, als auch die Steuern bekannt sein, die bereits über den Arbeitgeber bezahlt wurden. Diese bereits gezahlten Steuern sind meistens von der online errechneten Summe wieder abzuziehen.
Natürlich gilt: es ist immer eine Frage des konkreten Einzelfalls, ob Steuern nachgezahlt werden müssen oder ob das Finanzamt im Gegenteil sogar zu viel gezahlte Steuern zurücküberweisen wird.
Wir haben realistische Beispielfälle durchgerechnet. Das Ergebnis beruhigt: In den meisten Fällen müssen keine Steuern nachgezahlt werden.
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"Progressionsvorbehalt": Was ist das eigentlich?
Gemäß Einkommensteuergesetz ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei. Es unterliegt jedoch dem sogenannten Progressionsvorbehalt (§ 32b Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a EstG).
Wenn du 2020 einige Zeit ganz normal gearbeitet hast, dann hat der Arbeitgeber auf diesen Lohn bereits Lohnsteuer an das Finanzamt für dich überwiesen. Diesen Anteil hast du also schon mal bezahlt. Von deinem Nettolohn werden dann nochmals bspw. Werbungskosten und Sonderausgaben etc. abgezogen, so ergibt sich das zu „versteuernde Einkommen“.
Das Kurzarbeitergeld wird auf das zu versteuernden Einkommen drauf gerechnet. Auf Basis dieser Summe wird ermittelt, welcher Steuersatz auf dieses zusammengerechnete Einkommen zu bezahlen wäre.
Dieser Steuersatz wird dann aber nicht auf das zusammengerechnete Einkommen fällig (denn schließlich ist das Kurzarbeitergeld steuerfrei), sondern „nur“ auf das zu versteuernde Einkommen aus eurem Lohn, also ohne Kurzarbeitergeld. Da diese Berechnung nicht durch den Arbeitgeber erfolgen darf, sondern durch das Finanzamt erfolgen muss, sind die Empfänger verpflichtet, eine Steuererklärung einzureichen.
So kann es für das Jahr 2020 noch zu steuerlichen Nachzahlungen kommen. Für die meisten der von uns berechneten Situationen ist es jedoch zu einer Steuererstattung gekommen.