NGG-Vize Guido Zeitler im Interview über Betriebsratswahlen im Gastgewerbe Betriebsratswahl im Gastgewerbe: "Nicht mehr im Alleingang schalten und walten"

NGG-Mitglieder protestieren im Dezember 2017 gegen die drohende Kündigung einer Betriebsrätin in einem Berliner Hostel. Foto:NGG

Guido, im Gastgewerbe treffen wir von Zeit zu Zeit auf Arbeitgeber, die verhindern wollen, dass ein Betriebsrat gegründet wird. Es kommt auch vor, dass Arbeitgeber aktiv gegen Betriebsratsmitglieder vorgehen und ihre Arbeit blockieren. Trügt der Eindruck, oder haben es Betriebsräte im Gastgewerbe manchmal schwerer als in anderen Branchen? Der Eindruck trügt leider nicht. Im Gastgewerbe treffen Betriebsräte und solche, die es werden wollen, tatsächlich bis heute mancherorts auf einige Ablehnung bei ihren Arbeitgebern. Ein aktuelles Beispiel ist das deutschlandweit bekannte Hotel Bergström in Lüneburg, wo der neue Betreiber die Gründung eines Betriebsrats offensichtlich zu verhindern versucht. Oder in der Hauptstadt: Im Wombat’s City Hostel Berlin müssen wir derzeit einer von Kündigung bedrohten Betriebsrätin vor Gericht zur Seite stehen. 

Warum ist das so?

Das hat auch historische Gründe, denke ich. Das Gastgewerbe war immer schon besonders hierarchisch organisiert. Ein Betriebsrat darf und soll diese Hierarchie ein Stück weit aufbrechen. Denn sein Job ist es, die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aktiv zu vertreten und dafür zu sorgen, dass sie mitbestimmen können. Dafür sind Betriebsräte vom Gesetz besonders ausgestattet und müssen bei wichtigen Fragen vom Arbeitgeber einbezogen werden: Wenn der Betriebsrat seinen Job gut macht, kann der Arbeitgeber nicht mehr im Alleingang schalten und walten - das passt nicht allen. Glücklicherweise gibt es aber längst auch im Gastgewerbe ein Umdenken und viele Akteure, die ein modernes Führungsverständnis haben und die den Wert eines Betriebsrates, nicht nur für das Betriebsklima, erkennen. 

2018 stehen auch im Gastgewerbe Betriebsratswahlen an. Warum sollten die Beschäftigten einen Betriebsrat wählen oder sich selbst zur Wahl stellen?

Für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat ein engagierter Betriebsrat riesige Vorteile. Er ist das offene Ohr und die Stimme der Beschäftigten und kann effektiv dazu beitragen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Seien es die Arbeitszeiten, die Urlaubsplanung oder Umgruppierungen, der Betriebsrat kann bei elementaren Fragen mitsprechen. Gerade die Beschäftigten im Gastgewerbe sollten die Wahlen in diesem Jahr nutzen: Viel zu oft wird in der Branche mit den Füßen abgestimmt: Bei Problemen wird, in der Hoffnung, die eigene Situation verbessert sich, sehr schnell der Arbeitsplatz gewechselt. Ich glaube, es macht häufig mehr Sinn, Kraft und Energie darauf zu verwenden, die Situation im Betrieb vor Ort zu verbessern. Das Betriebsverfassungsgesetz gibt gerade Betriebsräten dazu die richtigen Mittel an die Hand. Und mit der NGG steht unseren Mitgliedern eine starke und erfahrene Partnerin zur Seite. Das gilt für die Kolleginnen und Kollegen, die einen Betriebsrat gründen wollen, aber auch für diejenigen, die kandidieren möchten. Mein Appell ist klar: Nutzt die Chance auf mehr Mitbestimmung und bessere Arbeitsbedingungen und gebt Eure Stimme ab oder kandidiert selbst!

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