Immer wieder stellen neoliberale Politiker das Umlageverfahren der deutschen Rentenversicherung in Frage. Tenor der Kritik ist oftmals, dass ein Rentensystem, das über Aktien oder Fonds zur Kapitaldeckung verfüge, leistungsfähiger und gerechter sei als eines, in dem die aktuellen Erwerbstätigen die Renten der aktuellen Ruheständler direkt finanzieren. Bei genauerer Betrachtung ist dies jedoch nicht der Fall, wie eine neue Studie des WSI zum Rentensystem in Schweden aufzeigt. Danach liegen die Vorteile des schwedischen Systems nicht in der Anlageform begründet, sondern insbesondere in der Einbeziehung von Beamten und Selbstständigen und dem hohen Grad der Absicherung durch die betriebliche Altersvorsorge. So seien etwa 90 Prozent der Beschäftigten in Schweden in den vier Versorgungswerken abgesichert. Die Arbeitgeber übernehmen dabei, ebenso wie bei der gesetzlichen Rente, einen deutlich größeren Anteil der Finanzierung als in Deutschland: Bis zur Beitragsgrenze der öffentlichen Alterssicherung führen sie Beiträge in Höhe von in der Regel 4,5 Prozent des Einkommens für die betriebliche Altersversorgung ab. Bei Einkommen oberhalb dieser Grenze liegen die Arbeitgeberbeiträge sogar bei 30 Prozent des Einkommens oberhalb der Bemessungsgrenze.
Härten für Versicherte
Nur 2,5 Prozent des Beitragssatzes von 18,5 Prozent fließen in die kapitalbasierte Prämienrente. Dabei helfen soll ein spezieller Mechanismus, der Vermögen und Verbindlichkeiten des Systems in ein Verhältnis setzt und anpasst. Die Rentenleistungen hängen davon ab, wie sich Einnahmen und Vermögen entwickeln. Für die Versicherten ist das allerdings mit Härten verbunden: So gab es – laut WSI-Studie - in den Jahren 2010, 2011 und 2014 bereits nominale Rentenkürzungen.
Deutsches Rentensystem nicht durch neoliberale Interessen schwächen!
Insgesamt zeige die Untersuchung, dass auf der Leistungsseite die Unterschiede zwischen Deutschland und Schweden nicht so groß seien. Auch laut Berechnungen der OECD liegen die aktuellen Rentenzahlungen beider Länder nahe beieinander. Doch insgesamt wirkt das deutsche Rentensystem stabiler, so das Ergebnis der Studie. Claudia Tiedge, stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft NGG, ist davon überzeugt, dass das deutsche Rentensystem auch im internationalen Vergleich seine Stärke zeigt. Sie fordert: „Wir dürfen nicht zulassen, dass diese Stärke durch neoliberale Eigeninteressen geschwächt wird. Die Zukunft der Altersvorsorge darf eben nicht dem Kapitalmarkt geopfert werden. Daher brauchen wir eine zukunftsfeste Rente, auf die die Menschen in Deutschland vertrauen können. Es darf nicht sein, dass Menschen um ihre Alterssicherung durch Risiken auf dem Kapitalmarkt gebracht werden. Dieser Verantwortung muss sich jede Bundesregierung stellen.“
Mehr Infos beim WSI:
Rentenexperte: Schweden taugt kaum zum Vorbild | Evangelischer Pressedienst (epd)