NGG-Vize fordert Umdenken der Arbeitgeber im Gastgewerbe

Siebert: „Prekäre Beschäftigung ist der falsche Jobmotor“

Berlin - 15. Mai 2014

„Der gestern vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband vorgestellte Jahresbericht bescheinigt dem Gastgewerbe einerseits ein Umsatzplus, stellt ihr andererseits ein Armutszeugnis aus. Der DEHOGA beklagt mit Krokodilstränen, was er selbst mit der Möglichkeit der Mitgliedschaft ohne Tarifbindung zu verantworten hat: Zwei Drittel der Unternehmen sind nicht tarifgebunden und zahlen nach eigenen Angaben nicht selten nur Stundenlöhne von fünf oder sechs Euro. Das ist kein Argument gegen den Mindestlohn, sondern für einen gesetzlichen Mindestlohn und die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen. Die positiven Wirtschaftsdaten zeigen, dass der Mindestlohn auch wirtschaftlich kein Problem für die Branche darstellt."

Das hat Burkhard Siebert, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) heute erklärt. In kaum einer anderen Branche müssen so viele Menschen ihre Löhne derzeit aufstocken: 90.000 Mini-Jobber und rund 70.000 Sozialversicherungspflichtige. Den Staat habe das allein für das Gastgewerbe rund 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2011 gekostet.*

Unterschlagen habe der DEHOGA auch, dass zwar 170.000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze in den vergangenen zehn Jahren entstanden seien, die geringfügige Beschäftigung habe hingegen weit stärker zugenommen – allein in den fünf Jahren von 2007 bis 2012 um rund 160.000. Fast jeder zweite Arbeitsplatz sei heute ein Mini-Job. „Wir brauchen aber gute Arbeit. Prekäre Beschäftigung ist der falsche Jobmotor“, so Siebert.

Der NGG-Vize wies darauf hin, dass in der Mehrheit der Tarifgebiete die untersten Tarifgruppen ab 2015 oberhalb von 8,50 liegen und somit vom gesetzlichen Mindestlohn unberührt blieben. Insofern sei das Argument des DEHOGA, dass das gesamte Tarifgefüge und die Tarifautonomie gefährdet seien, falsch. „Das Gastgewerbe bietet attraktive Berufe, aber jeder zweite Auszubildende bricht seine Ausbildung ab. Die Arbeitgeber und ihre Verbände müssen dringend umdenken.“

Siebert mahnte, den Gesetzentwurf für einen gesetzlichen Mindestlohn jetzt nicht durch die Hintertür aufzuweichen und die vom DEHOGA geforderten Ausnahmen für Jugendliche bis zum Alter bis 25 Jahren zuzulassen. „Hier versucht eine Niedriglohnbranche, anstatt von ihrem schlechten Image wegzukommen und attraktive Ausbildungs- und Arbeitsbedingungen zu bieten, einen neuen Niedriglohnsektor zu etablieren. Die derzeit geplanten Ausnahmen für Langzeitarbeitslose und junge Erwachsene müssen im Gesetzgebungsverfahren beseitigt werden.“

*Quelle: Hans-Böckler-Stiftung / Zeit online vom 6. Mai 2014