Arbeitszeit im Gastgewerbe: "Zehn Stunden sind schon zwei mehr als normal"

Siebert: "Hoteliers und Wirte machen ihre Beschäftigten krank"

Berlin – 11. Juni 2015

„Mit seiner Forderung nach einer Ausweitung der täglichen Arbeitszeit auf bis zu 12 Stunden setzt der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband die Gesundheit der im Gastgewerbe beschäftigten Menschen aufs Spiel.“ Das hat Burkhard Siebert, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), erklärt und für die kommenden Wochen und Monate betriebliche und öffentliche Aktionen für bessere Arbeitszeiten im Gastgewerbe angekündigt. „Auch diese Beschäftigten, die anderen gute Lebensqualität bieten, haben ein Recht auf Lebenszeit – deshalb gilt: Arbeitszeit braucht Grenzen!“

Die Ausweitung der täglichen Höchstarbeitszeit und die Aushöhlung des Arbeitszeitgesetzes lehnt die Gewerkschaft NGG strikt ab. Die Arbeitssituation im Gastgewerbe ist strukturell schon ungünstig: Früh-, Spät- und Nachtschichten, Wechseldienste sowie Wochenend- und Feiertagsarbeit sind aus arbeitsmedizinischer Sicht sehr belastend. Ein Viertel der Vollzeit-Beschäftigten leistet mehr als zehn Mehrarbeitsstunden pro Woche“, so der NGG-Vize. Hinzu komme, dass die Arbeit im Gastgewerbe von vielen widrigen physischen Faktoren, wie schweres Tragen, Arbeiten bei Hitze und Kälte oder hoher Lärmbelastung, aber auch psychischen Belastungen, wie ungünstigen Arbeitszeiten, extrem hoher Flexibilität und Leistungsdruck, geprägt sei. Das habe zur Folge, dass sich zwei Drittel der Beschäftigten nicht vorstellen könnten, ihre aktuelle Tätigkeit bis zum gesetzlichen Renteneintritt auszuüben. 70 Prozent geben an, dass sie ihre Arbeit sehr oft gestresst machen müssten.

Die Forderung des Dehoga nach Ausweitung der Arbeitszeit ist ein Brandbeschleuniger und wird den Fachkräftemangel verstärken. Ein Faktor für den dramatischen Rückgang der Ausbildungszahlen – seit 2007 sank die Zahl der Ausbildungsplätze um 50.000 – sind die langen Arbeitszeiten, wie der DGB-Ausbildungsreport belegt. Heute schon halten sich viele Arbeitgeber nicht an die Gesetze. Das würden sie auch bei der legalen Ausweitung der Arbeitszeiten nicht tun, so dass sich die Arbeitszeit noch weiter verlängern würde. Die Arbeitgeber haben es in der Hand und sind in der Verantwortung, mit guter Planung die Arbeitszeiten gesetzeskonform zu gestalten. Das unternehmerische Risiko, notwendige Zeitreserven, zum Beispiel bei einer Hochzeit, nicht ausreichend eingeschätzt zu haben, ist keineswegs neu und darf nicht auf die Beschäftigten abgewälzt werden.

Siebert betonte: "Die im Gastgewerbe Beschäftigten brauchen gute Arbeitsbedingungen, Tariflöhne, die auf der Basis der Normalarbeitszeit ein auskömmliches Leben ermöglichen. Die Arbeitszeit braucht Grenzen. Deshalb: Hände weg vom Arbeitszeitgesetz.“  

Eine ausführliche Stellungnahme der Gewerkschaft NGG „Arbeitszeit braucht Grenzen“ ist hier abrufbar.

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