Zoll kontrollierte bundesweit nur vier Prozent aller Hotels und Gaststätten

Gewerkschaft NGG fordert mehr Mindestlohn-Prüfungen

Hamburg, 29. Mai 2017

Kritik an fehlenden Zoll-Kontrollen: Verstöße gegen den gesetzlichen Mindestlohn werden zu selten geahndet – vor allem im Gastgewerbe. Das bemängelt die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). Nach Angaben der NGG kontrollierte die zuständige Finanzkontrolle Schwarzarbeit (FKS) im vergangenen Jahr bundesweit knapp über 6.000 Gastro-Betriebe. Das sind lediglich 3,9 Prozent aller Hotels und Gaststätten. Insgesamt zählt die Branche rund 154.000 Betriebe. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Zahl der Kontrollen um 17 Prozent.

Die Hauptzollämter zwischen Itzehoe und Rosenheim prüften im letzten Jahr insgesamt 40.122 Arbeitgeber auf Schwarzarbeit, Lohn-Prellerei und Betrug bei der Sozialversicherung. Wegen Verstößen gegen den gesetzlichen Mindestlohn verhängten die Kontrolleure dabei Bußgelder in Höhe von 12,3 Millionen Euro und leiteten 3.694 Ermittlungsverfahren ein – 1.712 davon im Gastgewerbe. Die Zoll-Bilanz geht aus einer aktuellen Antwort des Bundesfinanzministeriums auf eine Anfrage der Arbeitsmarkt-Expertin Beate Müller-Gemmeke (Grüne) hervor. Diese liegt der NGG vor.

Der stellvertretende NGG-Vorsitzende Guido Zeitler nennt die Zahlen „alarmierend“: „Von der Einführung des gesetzlichen Mindestlohns Anfang 2015 sollten die Beschäftigten im Gastgewerbe besonders profitieren. Aber viele Kellner, Köche und Co. gehen offenbar leer aus. 1.700 eingeleitete Ermittlungsverfahren bei 6.000 geprüften Betrieben zeigen, dass die Zahl der Arbeitgeber, die ihren Beschäftigten den Mindestlohn vorenthalten, noch immer viel zu hoch ist.“

Der Zoll müsse seine Kontrollen nun dringend ausweiten, fordert Zeitler. Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, der Mindestlohn von derzeit 8,84 Euro pro Stunde gelte nur auf dem Papier. „Je stärker der Zoll kontrolliert, umso mehr steigt das Risiko für Arbeitgeber, bei Tricksereien erwischt zu werden. Die Politik hat den Mindestlohn per Gesetz vorgeschrieben. Jetzt muss sie endlich dafür sorgen, dass er überall eingehalten wird.“

Die NGG zweifelt dabei an einem „ernsthaften Interesse des Ministeriums, künftig mehr zu kontrollieren“. Stattdessen habe sich Wolfgang Schäuble zuletzt für eine Lockerung des Arbeitszeitgesetzes und tägliche Arbeitszeiten von bis zu 13 Stunden im Gastgewerbe ausgesprochen. Zeitler befürchtet, so könnte „tagtäglicher Gesetzesbruch legalisiert werden“. Dem erteilt die NGG eine Absage. Entscheidend seien mehr Kontrollen: „Wenn wenig kontrolliert wird, blüht ein Schwarzmarkt mit der Arbeit und dem Staat entgehen Millionen.“

Die Gewerkschaft fordert deutlich mehr Personal für die Finanzkontrolle Schwarzarbeit, um wieder auf ein „ordentliches Kontroll-Level“ zu kommen. Zeitler: „Bei der Einführung des Mindestlohns hatte die Bundesregierung 1.600 zusätzliche Kontrolleure für die FKS versprochen. Davon ist bislang weit und breit nichts zu sehen.“

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